Traditionelle japanische Häuser werden oft für ihre feine, spirituelle Beleuchtung gelobt – ein poetisches Zusammenspiel von Schatten und Licht, das ebenso sehr die Stimmung prägt wie die Form. Jun’ichirō Tanizakis Werk In Praise of Shadows (1933) vertritt die Ansicht, dass japanische Schönheit nicht aus heller Beleuchtung, sondern aus Dämmerung entsteht.

Mit seinen Worten: „Japanische Räume basieren auf der Vielfalt der Schatten, auf leichten Schatten gegenüber schweren Schatten“. Dieses Ethos hat seinen Ursprung in der Geschichte: Ohne westliche Materialien wie Glas oder Beton waren die ersten japanischen Häuser niedrig und dunkel, was die Menschen dazu veranlasste, „die Schönheit der Schatten zu entdecken“. Architekten und Wissenschaftler weisen darauf hin, dass Dunkelheit nicht das Fehlen von Schönheit ist, sondern geradezu ihre Voraussetzung. Mit anderen Worten: Die sanfte, gleichmäßige Beleuchtung, die durch Schiebetüren (Shoji), tiefe Dachvorsprünge (Hisashi) und Veranden (Engawa) erzeugt wird, ist nicht nur praktisch, sondern auch kontemplativ und von einer fast heiligen Stille erfüllt.
In der japanischen Architektur hat hisashi (廂・庇) zwei miteinander verbundene Bedeutungen. Am häufigsten bezeichnet es die Dachvorsprünge, also den Teil, der über den Rand des Gebäudes hinausragt, um das Gebäude vor Witterungseinflüssen zu schützen. Genauer gesagt bezeichnet es auch den korridorartigen Bereich, der moya (den Kern eines Gebäudes) teilweise oder vollständig auf einer bis vier Seiten umgibt.

Dieser Bereich ist besonders in Zen-buddhistischen Tempeln verbreitet und bildet hier einen 1 ken breiten Korridor auf gleicher Höhe mit dem moya. In Pagoden wie dem Tahōtō erfüllt er eine ähnliche Funktion. Offene Korridore oder Veranden unter erweiterten oder separaten Dächern können ebenfalls als hisashi bezeichnet werden.
In Gebäuden im Irimoya-Zukuri-Stil (Hüft- und Wiegestil) bedeckt das Wiegedach typischerweise das Moya, während das Satteldach das Hisashi bedeckt. Hisashi kann unter demselben Dach wie moya verborgen sein oder, wie in vielen Zen-Hauptsälen (butsuden) zu sehen, mit seinem eigenen Satteldach nach außen herausragen.

Strukturell verstärkt hisashi Gebäude gegen seitliche Bewegungen. Die traditionelle japanische Architektur verwendet ein System aus Pfosten und Balken, das keine natürliche seitliche Stabilität aufweist. Hisashi erhöht die Stabilität, indem es eine zweite Reihe von Säulen und Balken hinzufügt, die die Außenwände stützen. Wenn es an allen vier Seiten vorhanden ist, wird das Gebäude mit der Endung men (面, Oberfläche) bezeichnet, z. B. „3 x 3 ken, 4 men butsuden”.
Die Engawa-Veranda ist ein charakteristisches Merkmal dieser Ästhetik. Die Engawa, die das Haus unter einem schrägen Dach umgibt, dient als „geschlossener Raum für Meditation”, der den Innen- und Außenraum verschwimmen lässt. Das Licht in der Engawa wird immer gefiltert – zuerst durch das Grün und den Vorsprung, dann durch die Shoji-Paneele, die sie vom Innenraum trennen. Shoji-Vorhänge sind dünne Holzrahmen mit halbtransparentem Washi-Papier, „Schiebevorhänge … aus Papier, damit das Licht hindurchscheinen kann”. Sie lassen kein hartes, grelles Licht zu, sondern nur einen weichen, diffusen Schimmer. Ein traditioneller Teeraum (chashitsu) kann direkt hinter einem Shoji mit der Nachmittagssonne hinterleuchtet werden und so eine warme Raumbeleuchtung schaffen. Das Shoji-Licht belebt Teeräume, indem es die Maserung des Holzes, die Keramikschalen und die körnige Oberfläche des Tons hervorhebt und das Gewöhnliche in etwas Erhabenes verwandelt. All diese Elemente verwandeln das Sonnenlicht in eine ruhige Atmosphäre: sanfte Glanzlichter und stille Schatten erfüllen den Raum und schaffen eher ein Gefühl von Tiefe und Stille als von Glanz.


Engawa (縁側) oder en (縁) ist in der traditionellen japanischen Architektur ein schmaler Holz- oder Bambusstreifen, der typischerweise zwischen den Innenräumen mit Tatami-Matten und dem Außenbereich verläuft. Er kann sich um das gesamte Gebäude herum erstrecken und ähnelt einer Veranda oder einem Sonnenzimmer.
Engawa befindet sich in der Regel außerhalb der halbtransparenten Shōji-Vorhänge, jedoch innerhalb der Amado (Sturmjalousien) und bietet Belüftung und Ausblick, während es gleichzeitig vor Sonne und Regen schützt. In einigen Fällen befindet es sich außerhalb des Amado und muss wetterfest sein. In modernen Häusern sind Engawa-Bereiche in der Regel mit Glas abgedeckt.
Um die Entwässerung zu gewährleisten, ist der Boden geneigt und asphaltiert und führt in der Regel zu einem Sammelkanal, der das Wasser ableitet. Dieses Design schafft eine Verbindung zwischen Innen- und Außenbereich, ohne Kompromisse bei Komfort oder Entwässerung einzugehen.
Konstruktion:
Engawa wird von Holzpfosten gestützt, die mit den Hauptpfosten des Hauses identisch sind. Eine Reihe von Pfosten begrenzt den Innenraum und stützt die Shōji, während eine andere Reihe die Außenkante definiert. Diese Pfosten stehen traditionell auf Steinsockeln, in modernen Versionen kann jedoch auch Beton verwendet werden. Der Bodenbelag kann unlackiert, lackiert oder lasiert bleiben.
Terminologie:
„En“ bedeutet „Rand“; „gawa“ bedeutet „Seite“. Die Begriffe „en“ und „engawa“ konnten früher synonym verwendet werden, doch heute bezeichnet „engawa“ in der Regel den Bereich der Veranda hinter den Fensterläden.
Typen nach Position:
- Hiro-en (広縁): Innenflur, wahrscheinlich geschlossen
- Ochi-en (落縁): Ein nach unten fallender Rand
- Nure’en (濡れ縁): Ein abgenutzter Rand, der über die Dachvorsprünge hinausragt und ungeschützt ist.
Arten nach ihrer Struktur:
- Mawari-en (回縁): Umgebende Veranda
- Kirime-en (切目縁): Über die gesamte Breite verlaufende Bretter
- Kure-en (榑縁): Längs verlaufende Bretter
- Sunoko-en (簀子縁): Lattenboden zur Entwässerung
- Takesunoko-en (竹簀の子縁): Version mit Bambuslatten
Die Texturen der Beleuchtung: Lichtformlendiren Zutaten
Wie japanische Innenräume das Licht einfangen, hängt nicht nur von der Geometrie ab, sondern auch von den Materialien. Tatami-Matten, Holz, Lehmputz, Washi-Papier und Lackoberflächen absorbieren und reflektieren das Licht auf einzigartige Weise und schaffen eine ruhige, meditative Farbpalette.
Taktile Schatten: Wie fangen Oberflächen Licht ein? Natürliche Holzböden und Tatami-Matten haben eine warme, matt glänzende Qualität, die das Sonnenlicht sanft reflektiert. Tatsächlich zeigen Untersuchungen, dass es einen Kontrast zwischen lichtabsorbierenden erdigen Wänden und der sanften Helligkeit von Holz und polierten Gegenständen gibt: „Erdige, matte Oberflächen [Wände und Balken] absorbieren das Licht, während die hellen, reflektierenden Oberflächen von niedrigen Holztischen und Tatami-Böden das Licht im Raum reflektieren.“
Das grünlich-gelbe Reisstroh von Tatami fängt die Sonnenstrahlen in flachen Winkeln ein, sodass eine Ecke des Raumes hell erleuchtet ist, während der Rest im Schatten bleibt. Diese organische Variabilität der Reflexion verhindert eine harte Helligkeit.
Tatsächlich werden sogar der Boden und die Wände Teil des Beleuchtungssystems – während eine Tatami-Matte das Tageslicht „hell reflektiert”, bleibt die daneben liegende Lehmwand sanft im Schatten.
Andere Materialien regulieren das Licht zusätzlich. Wie ein Kommentator feststellte, bevorzugen traditionelle japanische Innenräume antike, matte Oberflächen: „Glänzende, reflektierende Oberflächen werden zugunsten von Holz, Lackwaren [und] Papier abgelehnt. Diese Materialien absorbieren und mildern das Licht.“ Ein berühmtes Beispiel ist schwarzer Lack. Tanizaki selbst beschreibt, wie dunkle Lackwaren das Licht zu absorbieren scheinen: Miso-Suppe in einer schwarzen Lackschale bei Kerzenlicht „gewann an Tiefe und wurde unendlich appetitlicher“.
In der Praxis nehmen Lacktabletts, Möbel und Dekorationen die ungebändigten Sonnenstrahlen auf und verwandeln sie in einen warmen Schimmer oder einen matten Glanz, anstatt sie in ein spiegelndes Highlight zu verwandeln. Ebenso haben Washi-Papier-Bildschirme eine weiche Halbtransparenz; Tanizaki schrieb, dass westliches Papier „das Licht zurückwirft, während unser Papier es aufnimmt und es sanft umhüllt, wie die weiche Oberfläche des ersten Schnees“. Diese fast magische Eigenschaft – das sanfte Verschwinden des Lichts in einem Bildschirm – ist der Grund dafür, dass Bildschirme und Lampen aus Washi in einem Raum eine „atmosphärische Stimmung” schaffen.

Im Gegensatz zum hellen, weiß getünchten Aussehen vieler westlicher Räume erzeugt diese Art der Materialauswahl eine ruhige innere Ausstrahlung. Die Kaiserliche Villa Katsura in Kyoto ist ein klassisches Beispiel dafür. Unbehandeltes Zypressenholz und cremefarbene Papiervorhänge fangen das Winterlicht in zarten Schichten ein. Wie ein Beobachter feststellte, werden in den Innenräumen von Katsura „mehrschichtige, halbtransparente Gitter” über den Schiebetüren verwendet, sodass „das Licht sanft und ruhig in den Innenraum fließt”, während einige Nischen und Bodenbereiche unbewegt und dunkel bleiben.
Es ist ein „weiches, ruhiges“ Zusammenspiel von Licht und Schatten, bei dem Gewebe und Adern Teil der visuellen Poesie werden. Holz, Lehm, Tatami und Washi in traditionellen Häusern sind nicht nur Baumaterialien, sondern auch lichtreflektierende Oberflächen: Sie dämpfen den Glanz, nehmen die Schwingungen auf und hüllen die Bewohner dabei in eine ruhige, fast zeitlose visuelle Atmosphäre.
Portale als Öffnungen: Zeit und Jahreszeiten einrahmen
In der japanischen Architektur sind Fenster und Öffnungen niemals nur Löcher, sondern sorgfältig gestaltete Portale, die den Lauf der Zeit einrahmen. Öffnungen (mado) sind in der Regel asymmetrisch angeordnet oder klein, sodass das Licht nicht zu einem statischen Hintergrund wird, sondern zu einem Ereignis, zu einem saisonalen Phänomen. Im Winter kann die tief stehende Sonne durch eine kleine Öffnung tief in den Raum eindringen und eine raue Wand an einem Ende des Tatami-Zimmers beleuchten. Im Sommer filtern breite Dachvorsprünge, halbtransparentes Papier oder Blätter von Bäumen das intensive Sonnenlicht und erzeugen wechselnde Schattenmuster. Ein zeitgenössisches Hausprojekt fasst dies zusammen: Das Design reflektiert das Sonnenlicht aus dem Süden von einer weißen Wand in die Wohnbereiche, während eine dunkel gefleckte Nordwand für „dunkles und gedämpftes Licht” sorgt. Der Kontrast zwischen Dunkelheit und Helligkeit bereichert den Raum mit einer unterschiedlichen Atmosphäre, die sich im Laufe des Tages und der Jahreszeiten verändert. Dieser bewusste Kontrast – beispielsweise wenn eine Ecke beleuchtet wird, während die andere im Schatten bleibt – macht jeden Moment einzigartig.

Dieser Ansatz deckt sich mit den Konzepten von Wabi-Sabi und Unbeständigkeit. Da ein Großteil des Lichterlebnisses von der jeweiligen Tages- und Jahreszeit abhängt, wird der Mensch ständig an den Wandel erinnert. Beispielsweise kann ein schmales Fenster den Blick auf einen Ahornbaum einrahmen: Im Frühling ist es ein dünner Ast, im Herbst blüht er mit feurigen Blättern, im Winter ist er kahl und verschneit. Saisonale Elemente wie die nur im Sommer heruntergelassenen Sudare (Bambusvorhänge) oder die nur zu bestimmten Zeiten geöffneten Fusuma (Schiebetüren) machen das Licht zu einem offenbarten Geheimnis. Wie der Architekt Kenya Hara betont, betont japanisches Design oft die Vergänglichkeit: Der Raum ist nicht statisch, sondern wird dadurch definiert, wie und wann das Licht hereinkommt. Tatsächlich wird das Gebäude zu einer Art Sonnenuhr oder Kalender. Wie ein Architekt für ein modernes Haus am Hang beobachtet hat: „In der traditionellen japanischen Kultur, in der die Dunkelheit das Licht betont, sind Licht und Schatten immer miteinander verbunden “ und im Laufe des Tages zusammen mit der Sonne „verändert sich die Atmosphäre…“.
Praktisch bedeutet dies, dass die Räume in der Regel keine einheitliche Beleuchtung haben. Anstelle eines weiten Panoramas rahmt jede Öffnung einen Ausschnitt des Himmels oder des Gartens ein und verwandelt die Aussicht selbst in eine bewegte Komposition. Ein hohes Dachfenster kann einen blauen Streifen Himmel über einem Schiebevorhang einfangen; eine Lücke im Dachvorsprung kann einen Lichtstrahl hereinlassen, der nur zur Morgendämmerung den Tatami streift. Diese absichtlichen Lücken verwandeln das Sonnenlicht vorübergehend in einen schönen Gast. Dieser Geist ist der Geist des „mono no aware“, der die Vergänglichkeit des Lichts wertschätzt. (Tatsächlich enthält das japanische Schriftzeichen „ma“ (間, „Zwischenraum“) sogar das Schriftzeichen für Sonne, was widerspiegelt, wie Zwischenräume und Licht miteinander verschmelzen). Kurz gesagt, die Öffnungen in einem japanischen Haus dienen als Zeitmesser und Rahmen – jeder Schattenwechsel oder Lichtstrahl erinnert daran, dass der gegenwärtige Moment vergänglich ist.
Zwischen Licht und Stille: Die psychologische Tiefe der Schatten
Licht und Schatten in einem Haus leisten mehr als nur Beleuchtung; sie prägen den sozialen und psychologischen Raum. In japanischen Wohnritualen wird die Dunkelheit selbst zu einem Ort der Privatsphäre und Besinnung. Betrachten wir einmal die Nische (tokonoma) in einem formellen Wohnzimmer (zashiki). Traditionell wird die Tokonoma schwach beleuchtet und meist von den Fenstern abgewandt, sodass das einzige darin aufgehängte Pergament oder Blumenarrangement aus der Dunkelheit hervortritt. „Die Tokonoma fungiert als Bühne für den Schatten. Ein aufgehängtes Pergament oder ein Blumenstrauß erhebt sich mit stiller Würde aus der Düsternis.“ Mit anderen Worten: Der Schatten selbst ist der Rahmen, der das Objekt hervorhebt. Wenn wir in eine dunkle Nische blicken – in dem Wissen, dass sich dort kein verstecktes Objekt befindet –, „haben wir das Gefühl, dass dort völlige und absolute Stille herrscht“. Das Fehlen von Licht in einer Ecke schafft einen Bereich der Stille, in dem die Zeit langsamer zu vergehen scheint. Während einer Teezeremonie oder einem Familientreffen verleihen solche dunklen Ecken dem leeren Raum eine visuelle und emotionale Schwere und verstärken so das Gefühl der rituellen Konzentration oder der friedlichen Ruhepause.
Dieses Zusammenspiel von Licht und Dunkelheit definiert ma‘ (間), also den bedeutungsvollen Zwischenraum. Japanische Designer und Theoretiker betonen, dass ma nicht nur in der Geometrie des Grundrisses, sondern auch im Rhythmus von Licht und Schatten zum Ausdruck kommt. Das Sonnenlicht, das auf die Veranda fällt, und die Dunkelheit, die sich im Inneren bildet, wenn der Vorhang geschlossen wird, sind solche Pausen. Der Architekt Kenya Sasaki hat unter anderem darauf hingewiesen, dass japanische Räume „durch wechselnde Licht- und Schattenmuster belebt werden” und dass diese subtile Bewegung zum eigentlichen Mittelpunkt wird. Tatsächlich wird der leere Raum – wie ein Innenraum aus hellem Holz – eher durch indirektes oder reflektiertes Licht als durch Dekoration belebt.
Tanizaki selbst hat diesen Gedanken sehr schön zum Ausdruck gebracht: „Die Schönheit liegt nicht in einer Sache selbst, sondern in den Schattenmustern, die eine Sache gegenüber einer anderen erzeugt.“
Im Alltag bedeutet dies, dass es bei einem Familienessen nicht nur um das Essen geht, sondern auch um die Wärme des Lampenlichts und die Behaglichkeit der sanften Dunkelheit dahinter. Schatten schaffen Privatsphäre (eine Ecke zum stillen Lesen, eine andere für lebhafte Gespräche) und Stille (die Dunkelheit „herrscht“ wie eine eigene kleine Welt). So bilden Licht und Schatten zusammen die emotionalen Ebenen des Hauses: Orte, um sichtbar und offen zu sein, und Orte, um sich in Ruhe oder Träumereien zurückzuziehen.
Die Schatten neu entdecken: Das neue japanische Haus
Wie bewahren moderne japanische Architekten in Zeiten von Glas, LEDs und dicht bebauten Städten diesen Respekt vor dem Schatten? Das erfordert Kreativität. Einerseits müssen zeitgenössische Häuser die Tageslichtstandards und Energievorschriften erfüllen, die viel Licht vorsehen, andererseits versuchen viele Designer, die „Dunkelheit als Material“ nicht physisch, sondern spirituell wieder einzufangen.
Insbesondere Architekten greifen wieder auf natürliche Vorhänge und Lichtverteilungssysteme zurück, um grelles Licht zu filtern. Kengo Kuma sagt: „Transparenz ist ein Merkmal der japanischen Architektur; ich versuche, Licht und natürliche Materialien zu nutzen, um eine neue Art von Transparenz zu erreichen.“ In der Praxis verwendet er in seinen Gebäuden Holzgitter, vertikale Jalousien und sogar hängende Keramikfliesenvorhänge, um das Licht zu schichten. So verwendet Kuma beispielsweise im Asakusa-Kulturzentrum Tausende von gefalteten Aluminiumplatten, um das harte Sonnenlicht in weiche Muster zu zerlegen, und im Volkskunstmuseum in China mit hängenden Tonziegelvorhängen verkleidet, die „das Volumen des Sonnenlichts regulieren” und so die Effizienz steigern, während sie dem Licht ein „luftiges Gefühl von Bewegung” verleihen.

In ähnlicher Weise haben Architekten wie SANAA und Tezuka halbtransparente Glaswände, perforiertes Metall oder Bambusjalousien (Sudare) verwendet, um das Tageslicht in ein sanftes Licht zu verwandeln. LED-Leuchten werden in der Regel hinter diffusen Abdeckungen aus Reispapier oder speziellen Opalplatten versteckt, um das warme, indirekte Leuchten einer Papierlaterne nachzuahmen.
Moderne Hausentwürfe zeigen, dass diese Ideen bereits umgesetzt werden. Ein Beispiel dafür ist das Haus in Utsunomiya (2017) des Architekturbüros Suppose Design Office: Es verfügt über ein hohes Metalldach mit einer Reihe von Dachschnitten, die das Tageslicht in den tiefen Grundriss leiten, sowie über Innenterrassen und einen Innenhof. Das Ergebnis ist eine Reihe von halb offenen Räumen, in denen das Licht durch hängende Sonnenschutzvorrichtungen sanft moduliert wird. An anderen Stellen integrieren Architekten Leerräume und geschichtete Volumen in ihre Entwürfe. In einem mehrstöckigen Wohnzimmer kann sich ein offenes Treppenhaus oder ein Gartenhof befinden, sodass das Licht von oben nach unten dringt und selbst in einem neuen Haus Schattenbereiche schafft. Einige Designer, die vom Modernisten Fujii Koji aus der Taisho-Zeit beeinflusst sind, kehren auch zu papierbasierten Leuchten zurück: Fujii entwickelte in den 1930er Jahren Lampenschirme aus Washi, um das Licht von Glühbirnen zu streuen, und diese Idee wurde mit „Lob der Schatten“ verglichen.

Japans heiliger Schatten lebt durch Anpassung weiter. Selbst wenn die Städte heller werden, kombinieren Architekten wie Kuma, SANAA und Tezuka „transparente“ Schichten mit traditionellen Materialien. Die zeitgenössische Strategie bedeutet in der Regel eine Neuinterpretation des alten Vorhangs: Bambus-Sudare, die auf den Balkon gehängt werden, gemusterte Holzgitter im Innenbereich oder Milchglas, um das einfallende Licht zu mildern. Die Schichtung der Räume – Innen- und Außenveranden, engawa-ähnliche Korridore, mehrschichtige Bodenplatten – bringt dunkle Nischen und verstreute Lichtwege wieder zum Vorschein. Im Ergebnis kann das moderne japanische Haus von der Decke bis zum Boden mit Fenstern geöffnet werden, tut dies jedoch fast immer mit mehreren Filtern und Tiefen, um das Wechselspiel von Licht und Schatten zu bewahren. Auf diese Weise wird die Philosophie, dass Schatten heilig sind, fortgeführt: nicht nur durch Düsternis, sondern durch eine raffinierte Lichtchoreografie, die sowohl die Tradition als auch die aktuellen Bedürfnisse berücksichtigt.